Stil

Allgemeines zu Okinawa-Kenpo

Okinawa Matsumura Kenpo ist eine traditionelle Kampfkunst. Im Dojo Kaiserslautern wird sie in ihrer ursprünglichen Form als Selbstverteidigungskunst gelehrt.

Okinawa ist die Herkunftsinsel für die Urform des Karate (‘offene/leere Hand‘, allgemeine Bezeichnung für Stilrichtungen aus dem japanischen Sprachgebiet) & Kobudo (Kunst des Waffenkampfes). Sie liegt südwestlich der japanischen Hauptinsel, etwa 750km vor der chinesischen Küste im Ostchinesischen Meer. Dort fand das Kenpo (‘Weg der China-Faust‘) vor mehreren Jahrhunderten seinen Ursprung und hat sich als wirkungsvolle Selbstverteidigungs-Kampfkunst etabliert.

Die hohe Kunst der Selbstverteidigung kann prinzipiell unabhängig von Alter, Geschlecht & Statur von jedem erlernt werden.

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Was ist Selbstverteidigungskunst?

Selbstverteidigung ist kein Kampfsport. In einer Selbstverteidigungs-Kampfkunst geht es einfach ausgedrückt darum, aus ungewollten Konfliktsituationen möglichst unversehrt zu entkommen und ggf. andere zu beschützen, wenn das Vermeiden dieser Konfliktsituationen trotz Prävention nicht erfolgreich war. Vom Grundsatz her geht es in der Selbstverteidigung also prinzipiell darum, nicht kämpfen zu wollen. Der Selbstverteidigungs-Kampfkünstler versucht, sich für den Ernstfall Automatismen für schnelles Reagieren anzutrainieren. Er weiß auch um die enorme Gefahr einer realen Selbstverteidigungssituation. Daher wird in der Kampfkunst zur Selbstverteidigung stetig geübt, potentielle Auseinandersetzungen im Keim zu ersticken bzw. den Angriff abzumildern und die Situation schnellstens heil zu beenden.



Diesem Verteidigungs-Grundsatz gegenüber stehen die sehr weit verbreiteten Kampfsportarten, wo sich meistens zwei, von der Statur her vergleichbare Athleten z.B. im Ring messen. In einem Szenario mit Regeln stehen diese dann unter Aufsicht von Schiedsrichtern im Wettkampf miteinander. Der Kampfsportler sucht also in seinen jeweiligen Regelgrenzen ganz bewusst den (Wett-)Kampf.
In der Kampfkunst zur Selbstverteidigung sind körperliche Dominanz & Muskelkraft nicht die wesentlichen Faktoren, wie es recht häufig im Kampfsport der Fall ist (Stichwort: Gewichtsklassen). Vielmehr sind Technik, Geschwindigkeit & generelle körperliche Fitness die prinzipiellen Attribute für eine erfolgsversprechende Selbstverteidigung.



Voraussetzungen zum Erlernen einer Selbstverteidigungs-Kampfkunst sind die richtige geistige Einstellung, also Geduld & Lernbereitschaft, und ein friedliebender Charakter. Da aus technischer Sicht nichts ohne ständiges Üben funktioniert, braucht es Zeit & Freude an der Sache. Machtgedanken & Egoismen sollten in der Kampkunst prinzipiell keinen Platz haben.



Allgemeine Unterrichtsinhalte bei uns im Dojo Kaiserslautern

Unser Unterricht hat generell das Ziel, mit verschiedenen Hilfsmitteln mit der Zeit graduell steigende, möglichst realistische Selbstverteidigung zu lehren & stetig zu üben. Dabei hilft, dass die verschiedenen Übungsgruppen recht klein gehalten sind. So steht der/die einzelne SchülerIn weit mehr im Fokus, als es bei großen Trainingsgruppen der Fall ist.



Auf dem Trainingsplan stehen konkret zunächst vermehrt das ‘Körpergedächtnistraining‘ Kihon Waza (Grundtechniken, es wird die reine Technik zwar ohne Widerstand, u.U. jedoch in hoher Intensität geübt, häufig auch ganz ohne Partner) mit vielen Dachi-Übungen (Bewegung, Balance, Beinarbeit, Körperhaltung, Stände, …) & Ukemi (Fallschule), sowie natürlich das Herz der Kampfkunst, die Kata (‘Technik-Lexika‘, richtig geübt das Hauptwerkzeug für eine gute Technik-Basis). Im Laufe des Schülerweges wird der generelle Bunkai-Fokus (Anwendungen, allgemein: Übungen mit Partner, konkrete Selbstverteidigungsübungen mit stufig wachsendem Widerstand & Freiheitsgrad, Sparring, …) hier im Dojo Kaiserslautern individuell stetig erhöht. Dabei wird versucht, die Selbstverteidigungsszenarien ohne größeres Verletzungsrisiko so realitätsnah wie möglich zu lehren.

Dabei hilft die hervorragende Infrastruktur des Unisports Kaiserslautern & der Judohalle des Heinrich-Heine-Gymnasiums Kaiserslautern.
 


So stehen bspw. Sandsäcke, Wandpolsterungen & ein gefederter Tatami-Boden (spezielle Matten) an unterschiedlichen Trainingstagen zur Verfügung. 



Zusätzlich zu diesem traditionellen Selbstverteidigungskunst-Karate steht das regelmäßige Üben in Kobudo auf dem Lehrplan. Kobudo dient dabei in vielerlei Aspekten auch als gute Unterstützung für das waffenlose Verteidigen, da sich Karate & Kobudo wunderbar ergänzen. Bo (Lang-Stock), Nitan-Bo (zwei Kurz-Stöcke), Kama (Sichel), Tonfa (‘Polizei‘-Schlagstock), Sai (stumpfe metallische Gabel) & Eku (hölzernes Paddel) gehören zum Repertoire.
Okinawa Matsumura Kenpo-Verband von Kaicho Tomosada Kuda


Tomosada Kuda Shinshii (*1950)

Das Dojo Kaiserslautern ist Teil des Okinawa Matsumura Kenpo-Verbandes, der von dem schnellen & geschmeidigen Stil von Kaicho Tomosada Kuda geprägt ist. Er wurde 1950 auf Okinawa geboren, wo die Kuda-Familienhistorie eine lange Samurai-Tradition als Diener der Krone hat. Seit seiner Kindheit wurde er von seinem Vater, Yuichi Kuda O’shinshii, und dem legendären Hohan Soken unterrichtet. Tomosada Kuda Shinshii trat nach O’shinshii’s Tod im Jahre 1999 dessen Erbe an. Seine Okinawa Matsumura Kenpo Karate & Kobudo Association ist als relativ kleiner Verband aufgezogen.

Neben Shinshii’s Honbu-Dojo auf Okinawa erstreckt sich sein Verband auf Nord- & Mittelamerika sowie Europa. Diese Regionen werden von mehreren Direktoren verwaltet. Der Vorteil dieser vergleichsweise kleinen Verbandsstruktur liegt darin, dass Shinshii all seine direkten & indirekten Schüler regelmäßig persönlich auf Seminaren unterrichten kann.


Kanji: Matsumura Kenpo

Sensei Marwin Hamadeh im Dojo Kaiserslautern
In Europa, das heute von den Direktoren Sensei Karl-Heinz Johna & Sensei Thomas Leonhard verwaltet wird, gibt es vier Dojos.

Der Karateverein Landstuhl e.V. wurde bereits in den 1970er Jahren von Peter König & Werner Klein gegründet. Auch der Kontakt nach Okinawa wurde von ihnen initiiert. Heute steht der Landstuhler Verein unter der alleinigen Leitung von Sensei Johna. 1998 wurde im hessischen Bischofsheim von Sensei Leonhard ein weiteres Dojo eröffnet. Im nahen Mörfelden ist durch Sensei Alexandros Kallidis, einer von Sensei Leonhard’s Schülern aus Bischofsheim, 2018 ebenfalls eine neue Niederlassung entstanden.



Das Dojo von Sensei Marwin Hamadeh in Kaiserslautern besteht seit 2009. Es gibt drei verschiedene Erwachsenen-Gruppen ab 16 Jahren an mehreren regelmäßigen Terminen in der Woche. Neben Marko Gerhard, den Sensei Hamadeh einst zu seinem ersten Shidouin hosa (Assistenz-Lehrer) ernannte, üben im Dojo Kaiserslautern heute mehrere weitere Meisterschüler. Sie sind teilweise ebenfalls schon seit Dojo-Gründung dabei und übernehmen auch regelmäßig Übungsgruppen.


Sensei Hamadeh (3. v.r.) mit einem Teil seiner Meisterschüler (2016)

Kurz-Historie des Shorin Ryu Karate

Karate in seiner ursprünglichen Kampfkunstform entstand vor ca. 600 Jahren auf Okinawa und hatte die Bezeichnung Tode oder Okinawa-Te. Kulturelle Gemeinsamkeiten und enge Kontakte zum alten China führten dazu, dass Karate stark vom chinesischen Kung Fu (allgemeine Bezeichnung für Stilrichtungen aus China) beeinflusst wurde. Zu dieser Zeit gab ein Meister sein Wissen und Können meist nur an einen engen Kreis von Schülern weiter. Es war damals größtes Privileg, in der Okinawa-Kampfkunst unterrichtet zu werden.


Tode Sakugawa (1733 – 1815)

Gemeinhin wird Tode Sakugawa als erster Karateka überhaupt angesehen. Dieser lernte von der chinesischen Legende Kusanku und unterrichtete später das Gelernte auf Okinawa. Anfang des 19. Jahrhunderts wurden die Techniken dann von Soken Matsumura – letzter und bedeutendster Schüler von Tode Sakugawa – in ein System gepackt und es formte sich u.a. die Shorin-Schule.


Soken „Bushi“ Matsumura (1797 – 1889)

Soken Matsumura gilt als Gründervater des Shorin-Ryu und ist schon lebend zur Legende geworden. Geboren wurde er als Soken Kayo und wurde schon früh der Leibwächter des Königs. Zur damaligen Zeit war es auf Okinawa Brauch, seinen Namen zu ändern, wenn einem solch eine große Ehre zu Teil wurde. Aufgrund seines guten Charakters und seinen überragenden kämpferischen Fähigkeiten wurde Soken Matsumura von seinem König etwas später auch noch der Bushi-Titel verliehen. Bushi bedeutet übersetzt so etwas wie Gentleman-Krieger. Damit drückte er seinen tiefen Respekt vor seinem Beschützer aus. Heute wird der Vater des Matsumura Kenpo-Stiles häufig nur als Bushi Matsumura erwähnt.  


Nabe Matsumura (1860 - 1930)

Bushi Matsumura hatte ein gutes Dutzend Schüler. Einer seiner besten und engsten war sein Enkel Nabe Matsumura. Dieser lebte nach der traditionellen Vorstellung, dass das Wissen in der Kunst der Verteidigung exklusiv an Familienmitglieder weitergegeben werden durfte. So wurde sein Neffe Hohan Soken sein wohl einziger langjähriger Schüler.


Hohan Soken (1890 - 1982)

Hohan Soken wiederum unterrichtete seine fünf vertrauten Schüler noch bis ins hohe Alter von 88 Jahren. Einer dieser Schüler war der Gründer des Okinawa Matsumura Kenpo Verbandes, Yuichi Kuda-O’shinshii.


Yuichi Kuda-O'shinshii (1929 - 1999)


O’shinshii und sein Sohn Tomosada bei einer Kata-Vorführung auf Okinawa